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AfD-Bürgerdialog auf Haus Opherdicke: Deutsche Leitkultur für Glattrasierte

Die AfD-Fraktion im NRW-Landtag hatte am Montagabend ins Bauhaus von Haus Opherdicke zum Bürgerdialog mit ihren beiden Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky und Iris Dworeck-Danielowski (sitzend v.r.) eingeladen. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.)

Die AfD-Landtagsfraktion hatte am Montagabend (11. Februar) zum Bürgerdialog unter dem Titel „Integration ohne Leitkultur?“ ins Bauhaus von Haus Opherdicke eingeladen. Referentinnen des Abends waren die AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky aus Bochum, stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für Kultur und Integration, sowie die Kölnerin Iris Dworeck-Danielowski, Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend.

Unter den etwa 80 bis 100 Gästen waren prominente Rechtsextreme wie Hans-Jochen Voß, NPD-Kreisvorsitzender Unna/Hamm und Parteigänger, aber auch einige des Sympathisantentums Unverdächtige, etwa Mitglieder der Holzwickeder Flüchtlingsinitiative, die sich informieren wollten, was die Afd-Abgeordneten zu bieten haben.

Protest-Spalier vor der Einfahrt

Vord er Einfahrt zum Haus Opherdicke prtestierte eine kleine Antifa-Gruppe gegen die Veranstaltung - abgesichert durch ein großes Polizeiaufgebot. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)(
Vor der Einfahrt zum Haus Opherdicke protestierte eine Antifa-Gruppe mit Sprechchören und Transparenten gegen die Veranstaltung – abgesichert durch ein großes Polizeiaufgebot. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Draußen an der Toreinfahrt vor Haus Opherdicke stand eine kleine Gruppe Antifa-Protestler Spalier, das alle Besucher passieren mussten. Die Veranstaltung verlief ansonsten weitgehend störungsfrei, wofür nicht zuletzt ein großes Polizeiaufgebot und drinnen im Saal ein AfD-eigener Sicherheitsdienst sorgte. Wegen der Durchführung der nichtgenehmigten Gegenveranstaltung, so die Polizei, wurde Strafanzeige erstattet.

Eröffnet wurde der Bürgerdialog von AfD-Kreissprecher Michael Schild, der sich die Steilvorlage der Kreis-Grünen nicht entgehen ließ und noch einmal auf deren Ankündigung hinwies, die Nutzungsordnung von Haus Opherdicke überdenken zu wollen. „Politische Parteien sollen künftig hier ausgesperrt werden – doch gemeint sind eigentlich wir“, stellt Michael Schild fest. „Lassen Sie sich das nicht gefallen.“ Für den AfD-Vorsitzenden ein weiterer Beweis, dass „die AfD die einzige demokratische Oppositionspartei“ ist.

Anschließend kam Gabriele Walger-Demolsky, die AfD-Sprecherin für Kultur und Integration, gleich zur Sache. Für alle, die sich gefragt haben mögen, was denn überhaupt deutsche Leitkultur ist, stellte die Bochumer AfD-Abgeordnete gleich mal klar, was zur deutschen Leitkultur gehört: ein „glattrasiertes Gesicht“, „Pünktlichkeit“, „schon am Frühstückstisch unterscheiden wir uns“. Wobei die AfD-Sprecherin für Kultur und Integration ausdrücklich „nichts gegen Schafskäse“ hat, wie sie betont. „Wir möchten uns aber nichts gegen unsere Wurst erzählen lassen.“

Und dann natürlich die Glocke. „Sie symbolisiert unsere Kirche und unseren Glauben – ganz anders als eben ein Muezzin“. 

NPD-Prominenz im Publikum

Unter denetwa 80 bis 100 Gästen war auch Hans-JHochen Voß, NPD-Vorsitzender Kreisverband Unna/Hamm. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Unter den etwa 80 bis 100 Gästen war auch Hans-Jochen Voß, NPD-Vorsitzender Kreisverband Unna/Hamm (sitzend Mitte, vorne li.) . (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Natürlich gehört auch unsere Sprache zur Leitkultur. Wir ahnen es: „Wir Deutschen sind ein Volk der Dichter und Denker“, stellt Gabriele Walger-Demolsky fest. Doch ausgerechnet der Integrationsrat fordert jetzt auch noch Kurse für Türkisch, Polnisch oder Russisch an Grundschulen. „Diese Forderung ist das Gegenteil von Integration.“

Auch unsere „Handwerkskultur“ gehört nach Ansicht der AfD-Abgeordneten zu unserer Leitkultur. „Wir Deutsche sind  es gewohnt, mit Fleiß und Genauigkeit Dinge zu schaffen, die einzigartig sind.“ So ganz anders eben als diese Neger oder Araber hängt es unausgesprochen im Raum. Doch halt. So etwas würde eine AfD-Landtagsabgeordnete natürlich niemals öffentlich sagen.

Was sie aber offen sagt, ist: „Kultur umfasst unsere Religion, unsere Regeln und unser Gesetzeswerk. Unser Leitkultur-Begriff ist verseucht. Die AfD möchte den Begriff wiederbeleben. Deshalb sprechen wir von deutscher Leitkultur. Uns ist wichtig, dass die Identität im Vordergrund steht.“  Integration funktioniere nur, wenn ein Zuwanderer auch unsere Kultur annehmen will. „Wenn Integration, dann nur unter unserer deutschen Leitkultur“, lautet die Forderung der AfD. Bei den Polen hat das nach Ansicht von Walger-Demolsky auch vorbildlich funktioniert. Deshalb müssten wir uns alle fragen: Wollen wirklich alle, die zu uns strömen, auch unsere Leitkultur annehmen?  

Stattdessen „glaubt man heute, mit Sprachkursen integrieren zu können“, behauptet die AfD-Abgeordnete. „Doch Integration ist eine Bringschuld.“

Ehrlichkeit auch, möchte man Gabriele Walger-Demolsky entgegenhalten, wenn sie solchen Unfug verbreitet wie: „Stattdessen lassen wir es zu, dass es an den Schulen in NRW kein Schweinefleisch mehr gibt“.

Fachkräftemangel „herbeigeredet“

Referentin des Abends: die  AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky aus Bochum, stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für Kultur und Integration. (Foto: P. Gräber - Enmscherblog)
Referentin des Abends: die AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky aus Bochum, stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für Kultur und Integration. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Schließlich bemüht die AfD-Sprecherin eine Metapher: „Unser Land ist wie ein Schwamm, der voll ist und nichts mehr aufnehmen kann.“ Auch der Fachkräftemangel sei „ein bisschen herbeigeredet“ und kein Argument für Zuwanderung.  Schließlich könnten Fachkräfte auch im südlichen Europa rekrutiert werden anstatt aus Afrika oder anderen Teilen der Welt.

An unsere Kultur knüpft auch die zweite Referentin Iris Dworeck-Danielowski an: „Auch die Emanzipation ist eine kulturelle Errungenschaft“, betont von AfD-Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend. Und diese Errungenschaft „wollen wir Frauen auf gar keinen Fall wieder hergeben“. Darum ist es auch für die AfD-Landtagsabgeordnete aus Köln „völlig unerklärlich, warum wir diese Errungenschaft nicht jedem Neuankömmling vermitteln“.

Was Iris Dworeck-Danielowski mit Errungenschaft meint: Dass wir in Deutschland unsere Frauen nicht verprügeln, nicht zwingen, verschleiert auf die Straße zu gehen und auch nicht ihre Genitalien verstümmeln.

Angeblich leben 65.000 Frauen mit Genitalverstümmelungen in Deutschland, behauptet die AfD-Abgeordnete, und weitere 15.000 junge Mädchen aus afrikanischen Ländern kämen bald noch dazu. Woher Iris Dworeck-Danielowski diese Zahlen hat, sagt sie nicht. Wohl aber unterstellt sie den Medizinern, Juristen und Strafverfolgungsbehörden in NRW, dass sie der aus traditionellen Gründen vor allem in afrikanischen Ländern vorgenommenen Verstümmelung junger Frauen und Mädchen tatenlos zusehen. „Es gibt in NRW bisher keine einzige Strafanzeige, wenn ein Kind verstümmelt worden ist oder verstümmelt werden soll.“ Was bei näherer Überlegung allerdings auch keine Überraschung sein kann.

AfD als Verteidigerin der Emanzipation

Die AfD-Landtagsabgeordnete Iris Dworeck-Danielowski aus Köln, Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend, war die zweite Referentin des Abends. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Dem NPD-Kreisvorsitzenden Hans-Jochen Voß (5.v.l.) schien sichtlich zu gefallen, was die AfD-Landtagsabgeordnete Iris Dworeck-Danielowski (r.), Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend, zum Thema Emanzipation zu sagen hatte. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Für die AfD-Politikerin „kann es nicht sein, dass wir solchen Dingen nicht entschieden entgegentreten“.  Doch leider passiere das nicht, gebe es keine klaren Aussagen dazu von den Verantwortlichen.

„Natürlich gibt es auch Gewalt gegen Frauen von deutschen Männern“, räumt die AfD-Landtagsabgeordnete immerhin ein. „Wichtig ist aber, dass wir den Menschen, die zuwandern aus patriarchalisch geprägten Kulturen klar und entschieden unsere Werte entgegenhalten und das kein falsch verstandener Rassismus ist.“

Was auffällt an diesem Bürgerdialog der AfD: Die AfD spricht mit dem Thema Migration und Zuwanderung tatsächlich Themen an, die viele Menschen im Land bewegen. Auch den beiden AfD-Politikerinnen ist es gestern Abend gelungen, plakativ auf die eine oder andere Fehlentwicklung hinzuweisen – zu mehr langte es aber nicht. Zu einer differenzierten Analyse und Auseinandersetzung mit den Problemfeldern waren die beiden „Fachfrauen“ der AfD nicht ansatzweise in der Lage. Sachgerechte und differenzierte Lösungsansätze sind allerdings auch von der AfD nicht zu erwarten und wurden am Montagabend auch nicht aufgezeigt.

AfD


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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