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Sexueller Missbrauch: Überraschende Zeugenaussagen entlasten Angeklagten

Überraschung im Fall des 25-jährigen afghanischen Asylbewerbers M., der wegen des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen vor dem Schöffengericht Unna steht. Zum zweiten Fortsetzungstermin heute (3. Mai) hatte Richterin Brigit Vielhaber-Karthaus weitere Zeugen geladen, nachdem die Mutter des geschädigten Mädchens den Angeklagten zuvor erheblich belastet hatte. Überraschenderweise widersprachen die Zeugen heute der Aussage der Mutter in wesentlichen Punkten und entlasteten den Angeklagten damit.

Laut Anklage soll M. am 6. September vorigen Jahres im Treppenhaus einer Flüchtlingsunterkunft an der Massener Straße in Holzwickede die minderjährige Tochter einer ebenfalls dort untergebrachten Flüchtlingsfamilie von hinten umarmt und an ihre Brüste gegriffen haben. Erst nach mehrmaliger Aufforderung des Mädchens soll er von ihr abgelassen haben.

25-jähriger Asylbewerber bestreitet Vorwürfe

M., der bis zu dem Zwischenfall einen sehr guten Kontakt mit der Familie des Mädchens hatte, bestreitet den Tatvorwurf: Er will das Mädchen nur in die Wange gekniffen haben, als er es im Hausflur antraf. Dass sei als freundlicher Spaß gemeint gewesen. Auf gar keinen Fall habe er das Kind unsittlich berührt. Die Vorwürfe der Familie des Mädchens kann er sich nicht erklären. Allerdings will er über eine Mitarbeiterin des Sozialamtes der Gemeinde erfahren haben, dass die Familie schon einmal einen Mitbewohner zu Unrecht beschuldigt habe, ihr Mädchen belästigt zu haben. Angeblich wolle die Familie erreichen, aus  der Unterkunft an der Massener Straße verlegt zu werden. Das Problem: Dieser Mitbewohne ist unauffindbar abgetaucht.

Angezeigt hatte die Mutter den Angeklagten. Am Tattag war ihre Tochter wie verabredet zu einer Nachbarin unterwegs, wo sie von ihr abgeholt werden sollte. Auf dem Weg zur Nachbarin soll es zu dem Zwischenfall im Treppenhaus gekommen sein. Nachdem die Mutter ihre Tochter abgeholt hatte, habe sich diese ihr anvertraut. Die Mutter fragte daraufhin ihre Nachbarin um Rat und zeigte den Angeklagten an.

Nachdem das Mädchen beim ersten Verhandlungstermin nicht ohne seine Mutter aussagen wollte, erhielt es einen eigene Rechtsbeistand und sagte schließlich am zweiten Verhandlungstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Wie es heißt, soll das Mädchen den Angeklagten belastet haben.

Mutter belastet Angeklagten schwer

Die Mutter des Mädchen wurde anschließend  öffentlich im Zeugenstand gehört. Dort belastete sie den Angeklagten schwer: Ihre Tochter sei bis heute schwer traumatisiert durch dem Vorfall, traue sich nicht allein durch das Treppenhaus zu gehen. Sie will auch mitbekommen haben, wie ein deutsches Mädchen, mit dem ihre Tochter befreundet sei, nach einem Besuch plötzlich sehr verändert und traurig reagiert habe. Die Mutter des Mädchens habe ihrer Tochter daraufhin untersagt, noch einmal die Unterkunft an der Massener Straße zu besuchen.

Die zwölf Jahre alte deutsche Freundin des Mädchens und auch ihre Mutter sagten heute allerdings etwas ganz anderes aus: Das Mädchen fühlte sich weder von dem Angeklagten beobachtet noch gab es irgendeinen besonderen Zwischenfall. Auch von ihrer Freundin habe sie so etwas noch nie gehört. Entschieden wies das Mädchen auch zurück, dass ihr verboten worden sei, ihre Freundin noch einmal in der Unterkunft zu besuchen.

Das bestätigte auch ihre Mutter als Zeugin: Es sei falsch, dass sie ihrer Tochter weitere Verabredungen verboten habe. Ihre Tochter habe auch nie von einem unangenehmen Vorfall berichtet.

Schließlich trat auch die Nachbarin noch in den Zeugenstand, die am Tattag auf die Tochter ihrer Nachbarin aufgepasst hatte. Sie bestätigte zwar, dass ihre Nachbarin ihr von dem Vorfall erzählt habe, nachdem sie ihre Tochter abgeholt hatte. Auf die Frage, was sie tun solle, habe sie ihrer Nachbarin geraten, die Polizei zu informieren. Allerdings erklärte die Nachbarin auch, dass weder ihr noch ihren eigenen Kindern etwas Ungewöhnliches an der Tochter ihrer Nachbarin aufgefallen sei.

Verteidiger beantragt Gutachten zur Glaubwürdigkeit

Nach diesen Aussagen äußerte M.‘s Verteidiger doch erhebliche Zweifel an der Aussage der Mutter und beantragte ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu ihrer Aussagen erstellen zu lassen. Nach Vernehmung der heutigen Zeugen hätten sich die Angaben der Mutter als weitgehend falsch erwiesen, begründete der Verteidiger seinen Antrag. Es sei auch davon auszugehen, dass die Tochter bei ihre Aussage stark von ihrer Mutter beeinflusst worden sei. Sein Mandant dagegen sei Polizeibeamter in Afghanistan gewesen.

Selbst die Staatsanwältin räumte nach Vernehmung der Zeugen heute ein, dass „die Aussage der Mutter problematisch“ sei. Die Aussage der Tochter hält die Anklagevertreterin aber ebenso wie der Rechtsbeistand des Mädchens „für sehr glaubwürdig“.

Abgeschlossen werden konnte die Beweisaufnahme heute noch nicht. Richterin Vielhaber-Karthaus unterbrach die Verhandlung und setzte den 15. Mai (Saal 107, 9 Uhr) als neuen Verhandlungstermin an. Bis dahin will sie entscheiden, ob sie dem Antrag des Verteidigers stattgibt und ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Mutter eingeholt werden soll. Möglicherweise wird aber auch die Mutter auch noch einmal als Zeugin geladen. Als weitere Zeugin soll auch noch eine Mitarbeiterin des Sozialamtes gehört werden.  

sexueller Missbrauch


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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