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Ortsjugendring bringt Bundestagskandidaten mit Jugendlichen ins Gespräch

Der Ortsjugendring hatte am Dienstagabend zur Diskussion mit den Bundestagskandidaten Hubert Hüppe, Oliver Kaczmarek und Ruth Tietz , hier mit Moderator Frederik Bald, (v.l.) in den Treffpunkt Villa eingeladen. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Der Ortsjugendring hatte am Dienstagabend im Treffpunkt Villa zur Diskussion mit den Bundestagskandidaten Hubert Hüppe (CDU), Oliver Kaczmarek (SPD) und Ruth Tietz (Die Linke), hier mit Moderator Frederik Bald (v.l.), eingeladen. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Der Ortsjugendring (OJR) hatte gestern Abend (19.9.) in den Treffpunkt Villa zur politischen Diskussion mit den heimischen Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien geladen. Es war der erste und einzige gemeinsame öffentliche Auftritt von Ruth Tietz (Die Linke), Oliver Kaczmarek (SPD) und Hubert Hüppe (CDU) in Holzwickede vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag, nachdem die KAB Liebfrauen und auch das Clara-Schumann-Gymnasium auf eine öffentliche Podiumsdiskussion verzichtet hatten.

OJR-Vorsitzender Jonas Beckmann und seine Mitstreiter hatten jedoch eine andere Form als das Gespräch vom Podium herab gewählt: Die Jugendlichen, darunter auch sehr viele noch gar nicht wahlberechtigte, teilten sich in drei Gruppen auf. Die Kandidatin und Kandidaten wechselten dann zwischen den Gruppen, um mit den jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Erst ganz zum Schluss war dann noch einmal kurz eine gemeinsame Runde geplant.

Im kleinen Gesprächskreis fiel es den jungen Leuten sichtlich leichter, ihre Fragen an die Politiker zu stellen. Umgekehrt ließen sich die Politiker nach ihrer Vorstellung in diesem eher persönlichen Rahmen manche Dinge entlocken, die sie vielleicht in hochoffizieller Funktion nicht so vereinfacht formulieren würden.

Ruth Tietz empfiehlt: „Geht auf die Flüchtlinge zu“

Ruth Tietze erklärt den Jugendlichen, warum sie in die Politik gegangen ist. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Ruth Tietze erklärt den Jugendlichen, warum sie in die Politik gegangen ist. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

So überraschte Bönenerin Ruth Tietz die Jugendliche zum Auftakt mit dem „Geständnis“, dass sie ihre politische Karriere in der CDU begonnen hat, weil damals eine Bezugsperson aus der Nachbarschaft der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) angehörte. „Als die Gerechtigkeit dann in der CDU immer weiter verloren ging, bin ich ausgetreten.“ Jahre später hat die 58 Jahre alte Krankenschwester in Rente dann aus Verärgerung über Hartz IV die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WAsG) mitgegründet, aus der dann Die Linke hervorgegangen ist. Von den Jugendlichen, darunter viele mit Migrationshintergrund, nach ihrer Haltung zur Flüchtlingsproblematik befragt, empfahl die in ihrer Heimatgemeinde Bönen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätige Tietz den Jugendlichen: „Wenn Ihr Ängste wegen der Flüchtlinge oder des Islams habt, empfehle ich Euch: Geht auf die Flüchtlinge zu, sprecht mit ihnen und geht auch in die Moscheen. Ängste kann man am besten abbauen, wenn man auf die Menschen zugeht und sie kennenlernt.“

Ängste kann man am besten abbauen, wenn man auf die Menschen zugeht und sie kennenlernt.“

Ruth Tietz, Bundestagskandidatin Die Linke

Nach dem 2. Weltkrieg habe Deutschland sehr viel mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen als heute und alle seien sehr gut integriert worden. Was die Flüchtlinge heute angeht, verwies Ruth Tietz auf das Grundgesetz: „Wir müssen diese Menschen schützen. Ein Einwanderungs- oder Flüchtlingsgesetz brauchen wir nicht dazu.“

Zur Ausrüstung und den Auslandseinsätzen der Bundeswehr befragt, gewährte der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe (60 J.) einen Einblick in das Seelenleben eines Abgeordneten: „Unsere Bundeswehr ist wirklich nicht auf dem neuesten Stand. Das erste Mal habe ich damals in der Kuwait-Krise gezweifelt, ob ich meiner Verantwortung gerecht werde, wenn ich für einen Auslandseinsatz stimme“, sagte Vater von drei Kindern. „Persönlich habe ich die größten Probleme mit dem Einsatz in Afghanistan, weil ich nicht sehe, wie der Krieg dort gewonnen werden könnte.“

Hubert Hüppe: „Parteien sind sich heute doch sehr ähnlich“

Hubert Hüppe beantwortet bereitwillig Fragen zur Rüstungs- und Entwicklungshilfepolitik. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Hubert Hüppe beantwortet bereitwillig auch Fragen zur Rüstungs- und Entwicklungshilfepolitik. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Die geplante Steigerung der Rüstungsausgaben um zwei Prozent, mit der Deutschland dann den höchsten Rüstungsetat aller europäischen Länder einschließlich Russland hätte, verteidigte Hüppe dagegen, dessen politische Schwerpunkte eigentlich die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und die Bioethik sind: „Wir sind ja auch das reichste Land. Aber wir sind auch abhängig davon, unsere Autos, Medikamente und anderen Produkte im Ausland zu verkaufen. Wenn aber alle anderen Nachbarländer zwei Prozent für Rüstung ausgeben und wir als reichstes Land nicht, hat das auch Folgen für unsere Wirtschaft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dann unsere Produkte weniger gekauft werden.“

Bedenklich ist nur, dass heute von denen, die zur Wahl gehen, jeder Vierte radikal wählt. Obwohl wir doch von den meisten Menschen im Ausland darum beneidet werden, wie gut es uns in Deutschland geht.“

Hubert Hüppe, Bundestagskandidat der CDU

Als schließlich eine Jugendliche erklärte, sie könne sich nicht vorstellen Politikerin zu werden, da sich die Parteien doch ziemlich gleich sind, widersprach Hubert Hüppe nicht: „Stimmt, die Parteien sind sich heute doch sehr ähnlich. Früher, als ich in die Politik gegangen bin, waren die Unterschiede wohl tatsächlich größer. Bedenklich ist nur, dass heute von denen, die zur Wahl gehen, jeder Vierte radikal wählt. Obwohl wir doch von den meisten Menschen im Ausland darum beneidet werden, wie gut es uns in Deutschland geht.“

Auch Oliver Kaczmarek (47 J.) ist schon seit 2009 Bundestagsabgeordneter. Der Schwerpunkt des SPD-Politikers ist die Bildungs- und Forschungspolitik. „Ich habe zum Beispiel das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) verhandelt“, erklärt er den jungen Zuhörern. „Ohne BAföG hätte ich auch nicht studieren können.“ Aber auch der Kamener musste zu „fachfremden“ Fragen Stellung nehmen. Wie er es denn mit dem Klimaschutz halte? „Der Klimawandel ist ja nicht zu leugnen und wird auch nur von einer Partei auf dem rechten Flügel bestritten“, antwortete Oliver Kaczmarek, der regelmäßig in den Bergen wandern geht: Da könne jeder sehen, wie die Gletscherränder abschmilzen und ganze Berge ins rutschen kommen. Aber auch wir Deutschland seien vom Klimawandel betroffen, etwa durch vermehrte Regenfälle und Überschwemmungen, die für große Probleme bei der Abwasserbeseitigung sorgen oder auch durch neue Tierarten, die einwandern.

Oliver Kaczmarek: „Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen“

Oliver Kaczmarek erläuterte den jungen Leuten, warum der Bund auch Universitäten und Schulen finanziell fördern können sollte und warum dafür das Grundgesetz geändert werden müsste. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Oliver Kaczmarek erläuterte den jungen Leuten, warum der Bund auch Universitäten und Schulen finanziell fördern können sollte und warum dafür das Grundgesetz geändert werden müsste. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Der SPD-Politiker überraschte die jungen Leute mit mutmaßlich „grünem“ Umweltbewusstsein: „Der Klimawandel betrifft die ganze Welt und darum müssen wir auch alle gemeinsam daran arbeiten.“ Bei uns in Deutschland etwa müsse der Verkehr und die Energieerzeugung möglichst CO2 -neutral werden, fordert Oliver Kaczmarek: „Ich hoffe, dass wir unseren Strom bis spätestens 2050 komplett aus regenerativen Quellen gewinnen werden.“ Deutschland brauche auch vielmehr E-Busse und mehr geschützte Räume, die der Natur überlassen werden. „Das Wichtigste sei aber eine CO2 –neutrale Energie- und Wärmegewinnung. Ich würde mich auch freuen, wenn Verbrennungsmotoren in den Autos verschwinden. Aber da gibt es auch noch anderes als E-Mobile, zum Beispiel Brennstoffzellen. Von Verboten halte ich allerdings nichts, die lösen keine Dynamik aus, dafür umso mehr von Forschung.“

Ich hoffe, dass wir unseren Strom bis spätestens 2050 komplett aus regenerativen Quellen gewinnen werden.“

Oliver Kaczmarek, Bundestagskandidat der SPD

Schließlich sprach sich Oliver Kaczmarek dafür aus, dass Jugendliche schon ab 16 Jahre wählen können dürfen. „Weil man den Jugendlichen sonst doch ein ziemlich wichtiges Grundrecht verweigern würde.“ Dass sich junge Menschen in diesem Alter noch keine eigene Meinung bilden können, glaubt Oliver Kaczmarek nicht. „Allerdings bin ich auch dafür, dass man gleichzeitig mit Herabsetzung des Wahlalters auch die politische Bildung intensiviert.“

Ortsjugendring


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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