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Blick in östlicher Richtung auf den alten Sportplatz an der Opherdicker Straße. Der Platz wurde im Frühjahr 1971 als Schulsportplatz umgebaut. Rechts eine im Zuge des Umbaus abgebrochene Baracke. Das Bild entstand bei einem Spiel des HSV. Am Ball: Paul Schöttler. (Foto: Gemeindearchiv)

Holzwickede vor 50 Jahren: Neue Partnerschaft endete auf dem Fußballplatz

Blick in östlicher Richtung auf den alten Sportplatz an der Opherdicker Straße. Der Platz wurde im Frühjahr 1971 als Schulsportplatz umgebaut. Rechts eine im Zuge des Umbaus abgebrochene Baracke. Das Bild entstand bei einem Spiel des HSV. Am Ball: Paul Schöttler. (Foto: Gemeindearchiv)
Blick in östlicher Richtung auf den alten Sportplatz an der Opherdicker Straße. Der Platz wurde im Frühjahr 1971 als Schulsportplatz umgebaut. Rechts eine im Zuge des Umbaus abgebrochene Baracke. Das Bild entstand bei einem Spiel des HSV. Am Ball: Paul Schöttler. (Foto: Gemeindearchiv)

Vor 50 Jahren schickte sich die dreigeteilte Emschergemeinde an, sich zur Großgemeinde Holzwickede zu vereinen. Mag die Vereinigung politisch auch opportun gewesen sein – sportlich war die Gemeinde noch dreigeteilt. Es gab noch drei Fußballvereine, zwischen denen echte, mitunter nicht nur sportliche, Rivalität herrschte: TuS Blau-Weiß, DJK Spielverein Westfalia und der Holzwickeder Spielverein 1912.

Alle drei Vereine hatte es auch schon vor dem Krieg gegeben. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurden die Vereine Blau-Weiß und Westfalia jedoch aufgelöst und ihr Vermögen eingezogen – der Arbeiterverein Blau-Weiß wegen seiner politischen Ausrichtung, der Verein Westfalia wegen seiner kirchlichen Bindung. Wer damals in Holzwickede Fußballspielen wollte, konnte das eigentlich nur im Spielverein 1912.

Westfalia lehnt Vereinigung ab 

Die Urkunde zur Wiedergründung des Sportclubs Westfalia nach dem Krieg. (Foto: Gemeindearchiv)

Nach Kriegsende entstanden die beiden Vereine Blau-Weiß und Westfalia neu. Der Blau-Weiß besaß sogar wieder einen eigenen Platz an der Stehfenstraße. Allerdings war keiner der Holzwickeder Fußballvereine nennenswert erfolgreich, weshalb auch damals schon über eine Fusion nachgedacht wurde. 13 Jahre vor Gründung der Großgemeinde kamen im März 1955 auch schon die Mitglieder aller drei genannten Vereine zusammen, um über die Gründung eines Großvereins zu beraten. Doch vor allem die Mitglieder des Spielvereins Westfalia sperrten sich gegen das Zusammengehen, wie Willy Timm in seiner „Geschichte der Gemeinde Holzwickede“ dokumentiert. Sie begründeten ihre Haltung damit, dass wieder nur der Spielverein 1912 Vorteile aus einem Zusammengehen ziehen werde. In einem Leserbrief erinnerten die Westfalia-Anhänger öffentlich an die im Dritten Reich unter Zwang erfolgte Auflösung von Blau-Weiß und Westfalia, bei der der Holzwickeder Spielverein auch „lachender Dritter“ geblieben sei.

So kam es, dass sich der Spielverein Westfalia nicht daran beteiligte, als sich am 9. Juni 1955 der Holzwickeder Spielverein 1912 und der Turn- und Spielverein Blau-Weiß 1929 zu einem neuen Verein unter dem Namen Holzwickeder Spielvereinigung 1912/1929 e.V. zusammentaten. Westfalia wahrte dagegen noch zwei Jahrzehnte seine Eigenständigkeit, bis er schließlich mit der Spielvereinigung Opherdicke-Hengsen fusionierte und daraus die Sportgemeinschaft Holzwickede 1920/38 e.V. hervorging.

Denkwürdiges Endspiel Gründungsjahr der Gemeinde

Kein Wunder also, dass unter diesen Voraussetzungen die Rivalität zwischen den Vereinen groß war. Daran ändert natürlich auch nichts, als der Fusionsgedanke einige Jahre später auch die politische Gemeinde erfasste und sich Holzwickede, Opherdicke und Hengsen zur Großgemeinde Holzwickede zusammenschlossen. Genau vor 50 Jahren als die politische Gemeinde zusammenwuchs, feierte der SV Opherdicke am Schützenfest-Wochenende des 1. Juli 1968 sein 30-jähriges Bestehen mit einem großen Fußballturnier.

In einem denkwürdigen Endspiel standen sich damals der frischgebackene Landesligist SV Holzwickede und das eine Klasse tiefer spielende Team des Lokalrivalen Westfalia gegenüber. Gut 800 Zuschauer waren auf den Sportplatz in Opherdicke gekommen, darunter Erwin Heller, der erste Bürgermeister der selbstständige Großgemeinde Holzwickede, und Dieter „Hoppy“ Kurrat, prominenter BVB-Kicker, der gerade Neubürger geworden war. Auf dem Spielfeld tummelten sich einige Aktive, die später noch Holzwickeder Sportgeschichte schreiben sollten: Im HSV-Tor stand Rolf Weltmann, der im Endspiel um die Deutsche Amateumeisterschaft das Siegtor schießen sollte. Außerdem kickten die Zwillingsbrüder Klaus und Erwin Hemmrich mit, die ebenfalls zur späteren HSV-Meistermannschaft gehörten.  Zum Westfalia-Team gehörten Rolf Unnerstall, der später Sparkassen-Leiter und hochklassiger Fußballer (Gütersloh, Iserlohn), Rolf Backs, der viele Jahre lang Leiter der Aloysiusschule sein sollte und als vielversprechendes Torwarttalent Friedhelm Klemp, heute Fraktionsvorsitzender der Grünen im Gemeinderat.  

Hitziges Spiel mit lokalen Größen

Blick in südwestlicher Richtung auf das Emscherstadion mit Sportheim. Die Aufnahme datiert ca. 1967 (Foto: Gemeindearchiv)
Blick in südwestlicher Richtung auf das Emscherstadion mit Sportheim. Die Aufnahme datiert ca. 1967 (Foto: Gemeindearchiv)

Um es vorweg zu sagen: Der HSV gewann mit viel Mühe 4:3. Was der Partie an Niveau fehlte, machten die beiden Teams durch Temperament und Nickeligkeiten wett. Das Spiel fand übrigens in brütenden Hitze statt, die ähnlich lähmend gewesen sein muss wie die Temperaturen, die wir aus diesem Sommer kennen. „Spielerische Höhepunkte gab es nicht, dafür andere, leider nicht immer erfreuliche, obwohl die Partie durchweg sauber war“, wie der Sportreporter des Hellweger Anzeigers seinerzeit bemerkte.

Die HSVer mussten in der 10. Minute das 0:1 durch Rolf Backs hinnehmen. Der Pass dazu kam von Rolf Unnerstall. Praktisch schon im Gegenzug glich der HSV durch Erwin Hemmrich aus, der das Leder über „den ausgezeichneten Westfalia-Schlussmann Friedhelm Klemp“ zum 1:1 ins Tor hob. Doch die Westfalia ließ nicht locker. Ihr Spieler Günter Mayfeld schoss den Ball in der 17. Minute flach rechts ins Tor. Rolf Unnerstall hätte beinahe noch das 3:1 gemacht, doch sein Tor wurde wegen Abseitsstellung nicht anerkannt. Im Gegenzug traf Franz Mill zunächst nur den Pfosten, doch Erwin Hemmrich versenkte das Leder noch vor der Halbzeitpause zum 2:2. Zuvor war den HSVer allerdings das Herz in die Hose gerutscht, als Westfalia-Kicker Vlado Balic zum 3:2 einnetzte. Doch leider stand er dabei im Abseits und das Tor wurde nicht anerkannt.

In der zweiten Hälfte prallte dann HSV-Spieler Dieter Steinweg mit dem vielversprechenden Torwart-Talent der Westfalia zusammen und Friedhelm Klemp musste verletzt ausgewechselt werden. Dieses Foul sollte noch ein Nachspiel haben. Für Klemp musste zunächst Harald Lüdecke ins Tor, bis Ersatztorhüter Dreier eingewechselt werden konnte. 

Für schlechte Stimmung sorgte in der 56 Minute dann erneut der HSV: Als HSV Horst Pforr für den ständig meckernden Rechtsaußen Erwin Hemmrich einwechselte, war dessen Zwillingsbruder Klaus Hemmrich darüber so zornig, dass er aus Solidarität mit seinem Bruder ebenfalls den Platz verließ. Der HSV musste mit nur noch zehn Spielern weiter kicken. Trotzdem ging der HSV durch Tore von Franz Mill (70.) und Dieter Steinweg (76.) mit 4:2 in Führung.  Allerdings musste er noch bis zum Schlusspfiff zittern, weil Günter Mayfeld wenig später den Anschlusstreffer zum 4:3 erzielte und Rolf Backs noch zwei Minuten vor Spielende den Pfosten traf.

Animositäten vergessen: Treffen alter Rivalen

Nach dem Spiel waren die Spieler und Funktionäre dermaßen sauer über das Foul an ihrem Torwart Klemp, dass sie die anschließende Aufstiegsfeier des Holzwickeder Spielvereinigung boykottierten. „Rolf Unnerstall und ich waren damals Jugendauswahlspieler und wollten uns eigentlich dem HSV anschließen“, erinnert sich Friedhelm Klemp. „Wir hatten schon wochenlang bei denen mittrainiert und auch 50 D-Mark Handgeld bekommen. Doch unsere Mitspieler bei Westfalia überredeten uns, noch ein Jahr zu bleiben und für Westfalia weiter zu spielen. Wir haben die 50 D-Mark zurückgegeben und durften in diesem Endspiel mitspielen.“

Heute, 50 Jahre nach diesem denkwürdigen Endspiel und der Gründung der Gemeinde Holzwickede sind alle Animositäten vergessen. Die Spieler von damals um Friedhelm Klemp würden gerne noch einmal nach einem halben Jahrhundert zusammen mit allen Beteiligten von damals ein Wiedersehen feiern. „Auch die Betreuer sind natürlich eingeladen. Beim HSV waren das Horst Rabe und bei der Westfalia Paul Schöttler, die sich beide noch guter Gesundheit erfreuen“, sagt Klemp. Treffpunkt für das Wiedersehen ist beim Jubiläumsfest am Samstag (1. September), um 18.30 Uhr, am Stand des Holzwickeder Sport Clubs, in dem sich ja die drei Vereine letztlich doch noch zusammengeschlossen haben.

Lokalgeschichte


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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