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Felgen bei ebay verkauft und nicht geliefert: 23-Jähriger wegen Betrugs vor Gericht

Wegen Betrugs in zwei Fällen hatte sich ein 23-jähriger Holzwickeder heute vor dem Amtsgericht in Unna zu verantworten. Der junge Mann erschien ohne Anwalt vor Gericht und legte dort einen Auftritt hin, der die heute zahlreichen Besucher im Gerichtssaal ziemlich ratlos hinterließ: Dumm kann Anklagte ja nicht sein, immerhin studiert der Holzwickeder Elektrotechnik. Ist er also nur ziemlich naiv oder doch ziemlich dreist? Auch Richter Christian Johann konnte sich wohl heute noch kein endgültiges Bild von den Tatgeschehen machen und vertagte deshalb sein Urteil, um noch weitere Zeugen zu hören.

Doch der Reihe nach: Die Anklage wirft dem Holzwickeder vor am 30. September vorigen Jahres über die Internetplattform ebay  vier fast neue original BMW Alu-Räder samt Reifen angeboten und für 1.750 Euro verkauft zu haben. Geliefert haben soll er dann aber nur drei Räder, noch dazu mit abgefahrenen Reifen. Im März dieses Jahres soll der Angeklagte erneut vier Alufelgen mit Reifen bei ebay angeboten und für 1.200 Euro verkauft haben. Bekommen hat der Käufer diesmal nichts. Erst nach insgesamt fünf Monaten und vielen Mühen hatte der Käufer schließlich sein Geld von dem Angeklagten wieder zurückbekommen.

Der leistete sich zusätzlich noch am 17. Juli dieses Jahres ein Vergehen, das heute ebenfalls mitverhandelt wurde: Als Gast einer Party in Unna, zu der die Polizei wegen Ruhestörung gerufen wurde, legte der Holzwickeder sich ziemlich betrunken mit der Streifenwagenbesatzung an, als diese eintraf und seine Personalien feststellen wollte. Als die Beamten, die sich von ihm bedroht fühlten, Handschellen anlegen wollten, wehrte er sich dagegen, indem er seine Arme auseinanderdrückte.

Auf den ersten Betrugsvorwurf angesprochen, wies der 23-Jährige jede Schuld von sich: Er habe die vier Räder für seinen Vater bei ebay verkauft und – wenn auch etwas verspätet –korrekt wie beschrieben geliefert. Es habe halt Probleme mit dem Spediteur gegeben…. Die Räder seien dann aber vom Empfänger wieder zurückgeschickt worden. Über die 50 Euro für den Rücktransport sei dann ein Streit entbrannt. Die 1.750 Euro hatte der Holzwickeder, bei dem nach eigenen Angaben chronische Finanznot herrscht, schon seinem Vater gegeben. „Nur 200 Euro davon habe ich für mich behalten.“ Deshalb habe er dem Käufe, der die Räder wieder zurückgeschickt hatte, die 1.750 Euro nur in Raten zurückzahlen können.

Paketquittung noch kein Beweis für Inhalt

Triumphierend legte der 23-Jährige dem Richter die Quittung des Spediteurs vor, wonach er tatsächlich vier Pakete verschickt hat. Außerdem legte er Fotos der Räder vor. „Nur beweist das leider gar nichts“, klärte ihn der Richter auf. „Auch wenn Sie vier Pakete verschickt haben, heißt das ja noch lange nicht, dass auch tatsächlich die Räder darin waren.“

Auch wenn Sie vier Pakete verschickt haben, heißt das ja noch lange nicht, dass auch tatsächlich die Räder darin waren.“

Richter Christian Johann

Der zweite Vorfall, räumte der 23-Jährige heute ein, sei „tatsächlich dumm gelaufen“. Diesmal habe die Räder für seine Mutter bei ebay Kleinanzeigen verkauft. Der ahnungslose Käufer, der heute auch als Zeuge aussagte, überwies 1.200 Euro dafür und hatte nach drei bis vier Wochen noch immer nichts dafür in den Händen. Also trat er vom Kauf zurück und verlangte auch sein Geld zurück. Doch das war gar nicht so einfach, wie der Käufer heute im Zeugenstand erläuterte: Es habe wochenlange Recherchen bedurft bis er die Adresse des Holzwickeders heraus bekommen hatte. Geglückt war ihm das auch nur, weil der 23-Jährige wieder einmal auf ebay Felgenräder verkaufen wollte und er zufällig die Telefonnummer wiedererkannte. Ganze fünf Monate und etliche verstrichene Zahlungstermine später hatte auch dieser Käufer schließlich in zwei Raten sein Geld zurück.

Auch in diesem Fall habe niemanden betrügen wollen, versicherte der Angeklagte treuherzig. Dass die Felgenräder nicht pünktlich verschickt werden konnten, sei von der Spedition zu verantworten, die die Räder trotz mehrmaliger Reklamation nicht zum Versand bei ihm abgeholt haben, so der 23-Jährige. Dass Geld habe er leider nicht früher zurück überweisen können, weil er es bereits teilweise schon ausgegeben hatte.

Den Vorfall mit den Polizeibeamten spielte der Holzwickeder herunter: Er sei das Opfer einer Schlägerei auf der Party in Unna gewesen und habe draußen auf der Straße gestanden, als die Beamten auftauchten und seine Personalien feststellen wollten. Da habe er zunächst die Ausweise der Beamten sehen wollen. Doch die hätten ihm stattdessen Handschellen anlegen wollen, wogegen er sich gewehrt und seine Arme auseinandergedrückt habe. „Mehr war da nicht.“

Zeugen aus Berlin würden Prozesskosten erhöhen

Eigentlich hatte Richter Christian Johann davon absehen wollen, auch noch den Käufer der ersten vier Felgen als Zeugen zu benennen. „Um die Prozesskosten niedrig zu halten“, wie er erläuterte. „Denn vermutlich wird der Zeuge ja hier nur bestätigen, was er uns schon schriftlich mitgeteilt hat. Nämlich dass er nur drei Räder bekommen hat.“ Da der Käufer selbstständig ist und aus Berlin anreisen müsste, kämen jedoch leicht mindesten 500 Euro Kosten nur durch diesen Zeugen zusammen. Die müsste der Angeklagte, so er denn verurteilt würde, bezahlen. Da das Gericht neben diesem Zeugen auch noch weitere Zeugen einvernehmen will, unter anderen den Fahrer des Paketdienstes, der in Berlin die Räder ausgeliefert hat, sowie auch die Eltern des Angeklagten, kam der 23-Jährige ins Grübeln.  „Dann müsste ich diese Kosten ja auch noch zahlen, wenn ich verurteilt werde?“, dämmerte es dem 23-Jährigen. „Wenn ich jetzt gestehe, was würde das denn kosten?“, wollte er wissen. „Nur aus Kostengründen müssen Sie jetzt hier aber keine Schuldanerkenntnis ablegen, wenn sie wirklich unschuldig sind“, klärte ihn der Richter auf und setzte für den 3. November einen weiteren Verhandlungstermin an.

Ob es dazu kommt, ist allerdings fraglich. Denn der 23-Jährige will sich noch mit einem Anwalt beraten und sich dann noch einmal vorher bei Richter Johann melden. Räumt der Holzwickeder dann noch ein, dass möglicherweise ja doch nur drei Pakete von ihm verschickt worden sind, könnte der Richter die Beweisaufnahme schließen und sein Urteil sprechen,  ohne dass die weiteren Zeugen aus Berlin noch anreisen müssten.

Betrug


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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