Skip to main content

Dank „Adlerauge“ kennt die Gemeinde jedes Schlagloch auf ihren Straßen und Wegen

Mit einem solchen Fahrzeug wird das Unternehmen "eagle eyes technoplogies" ab 4. April die Straßen der Gemeinde befahren und ihren Zustand erfassen. (Foto: www.ee-t.de)
Mit einem solchen Fahrzeug erfasste das Unternehmen „eagle eyes technologies“ jeden Quadratzentimeter der kommunalen Straßen und Wege. (Foto: www.ee-t.de)

Vor fast genau einem Jahr hat das Berliner Technologieunternehmen „eagle eye“  (Adlerauge) im Auftrag der Gemeinde alle kommunalen Straßen und Wege abfotografiert und vermessen – eine Strecke von rund 127 Kilometer Länge. Ziel ist die umfassende Erhebung des Straßenbestands- und -zustands im Gemeindegebiet. Das Ergebnis der Befahrung, eine riesige Datenmenge, liegt längst vor. Doch noch immer wartet die Politik gespannt auf die Auswertung durch die Verwaltung. Im März soll es nun endlich soweit sein.

 Ziel ist ein modernes Straßenkataster mit dem die Verwaltung künftig Unterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen gezielt planen und verwalten kann. Dabei hat die Gemeinde bereits ein Straßenkataster. Sogar ein relativ neues: Denn bei der Einführung des neuen Haushaltsrechts nach kaufmännischen Grundsätzen vor wenigen Jahren wurden bei der Inventur für die Eröffnungsbilanz auch alle Straßen und Wege durch ein Ingenieurbüro erfasst.

Warum eine weitere Erfassung durch eagle eye?

Warum also für gut 75.000 Euro noch eine neue Erfassung durch eagle eye? „Für die Eröffnungsbilanz ist die Erfassung seinerzeit eher durch die steuerliche Brille erfolgt ist“, erklärt Uwe Nettlenbusch, Fachbereichsleiter der Technischen Dienste der Gemeinde. Zwar hat auch das Ingenieurbüro damals schon die Straßen und Wege fotografisch erfasst, aber längst nicht so präzise wie das Berliner Technologieunternehmen. „Das Fahrzeug von eagle eye war mit 24 Kameras bestückt, als es durch die Gemeinde gefahren ist“, so Nettlenbusch. „Für das Ingenieurbüro haben damals drei Mitarbeiter Fotos gemacht.“

Hinzu kommt, dass die Gemeinde  gehalten ist, eine Folgeinventur durchzuführen. Denn nach ein paar Jahren hat sich der Zustand der Straßen und Wege natürlich verschlechtert. Auch diese Wertminderung muss im Vergleich zur ersten Befahrung beziffert werden. Dank eagle eye kann auch der Vermögenswert der Straßen und Wege künftig viel genauer beziffert werden.

Der Hauptgrund, warum Uwe Nettlenbusch das Projekt forciert hat, war indes ein anderer: „Als Techniker habe ich ein längerfristiges Interesse am Zustand der Straßen und Wege und will nicht mehr nur mit einer reaktiven Instandhaltungsstrategie vorgehen.“ Tatsächlich war es bislang so, dass für eine endgültige Prioritätenliste des Sanierungsbedarfs der Straßen auch Hinweise der Mitglieder im Fachausschuss gesammelt und erst danach die nötigen Mittel im nächsten Haushalt vorgesehen wurden.

Künftig will Nettlenbusch mehr agieren statt reagieren können: „Ich möchte durch den Gemeinderat ein Instandhaltungsprogramm verabschieden lassen.“ Vorbild ist der Kreis Unna, der den Zustand seiner Straßen sehr genau kennt und den Sanierungsbedarf auf lange Sicht exakt voraussehen und planen kann. Die Grundlage dafür sollen in der Gemeinde Holzwickede die Daten von eagle eye bilden.

Langwierige Auswertung der Daten

Dass die Auswertung so lange dauert hat mehrere Gründe. Da ist zum einen die enorme Datenmenge, die bearbeitet werden muss. Entscheidender war jedoch, dass die vom Ingenieurbüro für die Eröffnungsbilanz erfassten Daten nicht mit den von eagle eye gelieferten Datensätzen zusammenpassten. Das Berliner Unternehmen hat das Straßen- und Wegenetz nach dem standardisierten digitalen Knoten-Kanten-Modell erfasst, das Ingenieurbüro lieferte analoge Datensätze.

Der Knackpunkt war das Zusammenführen der Daten in das Knoten-Kanten-Modell.

Uwse Nettlenbusch, Fachbereichsleiter Technische Dienste

„Der Knackpunkt war das Zusammenführen der Daten in das Knoten-Kanten-Modell“, bestätigt Uwe Nettlenbusch. „Das hat sehr viel Arbeit gemacht, erleichtert uns aber auch in Zukunft die Arbeit.“ Auch das Berliner Unternehmen musste deshalb nachbessern und nach der ersten Befahrung im April vorigen Jahres noch einmal die Emschergemeinde befahren, um die Datenlücken zu stopfen.

Doch jetzt steht das abschließende Ergebnis der Auswertung unmittelbar bevor. Damit verfügen die Technischen Dienste der Gemeinde über so präzise Kenntnisse der eigenen Straßen und Wege, wie nur sehr wenige Kommunen im Kreis und der Region.

Im Planungs- und Bauausschusses am 26. März will Uwe Nettlenbusch einen Sachstandsbericht geben und dazu auch einen Vertreter des Berliner Unternehmens eagle eye einladen.

Drei Szenarien für Instandhaltungsprogramm

Ein Beispiel für die von eagle eye gelieferten Fotos aus dem Gemeindegebiet. (Foto: Gemeinde Holzwickede)

In Zukunft kann die Verwaltung nicht nur die Kosten des Sanierungsstaus bei ihren Straßen und Wegen auf den Cent genau angeben. Fachbereichsleiter schwebt auch ein auf zehn Jahre angelegtes nachhaltiges Instandhaltungsprogramm vor, in dem der Zustand aller kommunalen Straßen und Wege nach Schadensklassen exakt abgebildet ist.

Der Politik will der Fachbereichsleiter Technische Dienste ein Konzept mit drei Szenarien vorlegen:

  1. „Do nothing“: Was passiert, wenn in den nächsten zehn Jahren an den Straßen und Wegen nichts getan wird?
  2. Unendliche finanzielle Mittel: Was kostet es, wenn im ersten Jahr maximal investiert wird in die Straßen und Wege und in den Folgejahren der optimale Zustand erhalten wird?
  3. Realistische Situation: In welcher Höhe sind Investitionen erforderlich, um den Zustand der Straßen und Wege tatsächlich zu verbessern in den kommenden zehn Jahren?

Wissen schafft Handlungszwang

Beim dritten Szenario wird „die ganze Wahrheit herauskommen“, glaubt Uwe Nettlenbusch. Soll wohl heißen: Wissen schafft Handlungszwang. Wenn klar ist, wie gut die Wege und Straßen in der Gemeinde tatsächlich sind, wird auch klar, was es kosten wird, ihren Zustand zu erhalten oder gar zu verbessern. Dann muss auch die Politik Farbe bekennen, in welchem Umfang sie dazu bereit ist.

Gut möglich, dass sich zumindest einige von Holzwickedes Politikern bald insgeheim wünschen werden, sie hätten nie von eagle eye gehört. Denn wer jedes Schlagloch und jeden Riss in seiner Straße genau kennt und weiß, wo und wann die nächsten Mängel auftauchen, gerät unter Handlungszwang.

Möglicherweise ist das ja auch der Grund, warum bislang nur sehr wenige Kommunen so präzise Bestands- und Zustandsdaten erheben wollen wie Holzwickede.

eagle eye


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert